Oestreicher, Richard

(1879 – 1938)  

Richard Oestreichers Vater Hayum stammte aus Obernau, einem kleinen Ort am Main, der heute ein Stadtteil von Aschaffenburg ist und arbeitete als Metzger. 1861 heiratete er Amalie Heßberg und zog 1876 nach Aschaffenburg. Dort wurde Richard Oestreicher als jüngstes von elf Kindern am 15.4.1879 geboren. Nach Aufenthalt in Berlin (1897-1900 zum Studium), 1901 in Hamburg und 1902 in Lüneburg arbeitete Richard Oestreicher ab 1903 als Zahnarzt in Darmstadt und wohnte zunächst in der Rheinstraße 31. 1910 heiratete er Eugenie Haas aus Bingen am Rhein; sie zogen beide in eine große-Wohnung im 2. Stock in der Rheinstraße 39 vermutlich gehörten seine Praxisräume zu dieser Wohnung. Im Jahr 1913 wurde der Sohn Heinz und 1924 die Tochter Käthe geboren 

Mittlerweile war Richard Oestreicher zu Wohlstand gekommen. Im März 1932 zog die Familie in ein Haus in der Frankfurter Str. 24 um. Der Akte zu dem Entschädigungsverfahren, das Sohn Heinz 1950 von Amerika aus beantragte, ist zu entnehmen, dass die Familie im 1. Stock in einer 8- oder 9-Zimmer-Wohnung lebte, die großzügig mit Perserteppichen, Gemälden, Silbergeräten, Meißner Porzellan etc. eingerichtet war; alleine der Wert der Einrichtung wurde mit 20-25.000 Reichsmark angegeben. In der Akte steht auch: „Die Wohnungseinrichtung ist nach der Deportation der Frau Eugenie Oestreicher [1942] verschwunden. Was damit geschehen ist, konnte bis jetzt nicht aufgeklärt werden.“  

Wie lange Richard Oestreicher als Zahnarzt praktizierte, muss offenbleiben. Bevor ihm - wie allen jüdischen Zahnärzten - am 31.01.1939 endgültig die Approbation entzogen wurde, erkrankte er und starb am 17.07.1938 im Alter von 59 Jahren an Magenkrebs. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Darmstadt begraben.  

Sohn Heinz studierte ab 1932 Medizin und emigrierte mit seiner Frau 1939 in die USA. Vergeblich versuchen sie für die Mutter Eugenie und die Käthe Oestreicher Papiere für eine Schiffspassage zu beschaffen. Beide wurden am 25.3.1942 nach Piaski in Polen deportiert und kamen entweder unterwegs oder dort um.